Schutzkonzept
Motivation
Immer wieder hören wir in den Medien von sexuellem Missbrauch an Kindern. Und immer wieder stellt sich heraus, dass viele etwas mitbekommen haben müssen. Aber aus Angst einen falschen Verdacht auszusprechen, sagen die meisten nichts. Dabei wäre das dringend nötig, zum einen um Kinder vor Missbrauch zu schützen und zum anderen aber auch, um Erwachsene vor übler Nachrede zu schützen.
Dieses Schutzkonzept soll auch Eltern helfen, das Unaussprechliche auszusprechen und durch klare Handlungspläne allen Beteiligten Sicherheit geben.
Hilfe für Eltern
Wenn Sie mit dem Thema Missbrauch konfrontiert werden, sind Sie verständlicherweise stark verunsichert. Ihr Kind braucht jetzt aber unbedingt Sicherheit. Wenn es merkt, dass es Sie mit seiner Geschichte beunruhigt, wird es sich Ihnen nicht anvertrauen. Sie sollten sich daher als erstes Hilfe bei einer Fachstelle holen. Außerdem sollten Sie vorläufig jeden Kontakt zu dem möglichen Täter vermeiden, insbesondere sollten Sie ihn nicht mit dem Verdacht konfrontieren.
Im folgenden finden Sie weitere hilfreiche Informationen und Angebote wenn Sie das Gefühl haben, dass…
Ich habe das Gefühl, dass…
[Weitere Infos in den aufklappbaren Akkordeons…]
mein Kind von Missbrauch betroffen sein könnte
Sie sollten sich bewusst machen, dass Ihr Kind nicht nur körperlich, sondern auch emotional missbraucht worden sein könnte. Bevor ein Täter sexuell übergriffig wird, baut er in der Regel ein Vertrauen zu seinem Opfer auf. Das ist auch der Grund, warum es Ihrem Kind vermutlich schwerfällt, sich Ihnen anzuvertrauen. Sie sollten daher folgende Punkte unbedingt beachten:
- Unterdrücken Sie den Impuls, ihr Kind nach Einzelheiten zu fragen. Das Kind wird Ihnen nach und nach so viel erzählen, wie ihm möglich ist.
- Unterdrücken Sie den Impuls, den Täter zur Rede zu stellen. Das bringt im Zweifelsfall keine Klarheit. Ein Täter wird Ihnen gegenüber seine Tat niemals zugeben.
- Glauben Sie Ihrem Kind, auch wenn das was es sagt, unglaublich klingt.
- Wenn Sie aufgrund des seltsamen Verhaltens von Erwachsenen oder ihrem Kind einen Verdacht haben, teilen Sie diesen Verdacht einer Beratungsstelle mit. Hier kann man Ihnen helfen, die Situation einzuordnen
- Schieben Sie die Angelegenheit nicht mit dem Gedanken „es wird schon nicht so schlimm sein“ von sich weg. Wenn es nicht so schlimm wäre, würden Sie sich keine Gedanken darüber machen.
- Unterbinden Sie den Kontakt zum mutmaßlichen Täter. Sie müssen ihm den Grund dafür nicht nennen.
- Wenn Sie konkrete Hinweise auf einen andauernden Missbrauch haben, suchen Sie umgehend eine Fachberatungsstelle auf oder erstatten Sie Anzeige bei der Polizei.
- Besonders wichtig ist, dass frühzeitig eine „Insoweit erfahrene Fachkraft mit der Zusatzausbildung sexualisierte Gewalt“ hinzugezogen wird. Im Normalfall werden die Fachberatungsstellen das von sich aus veranlassen, sofern die Berater*innen nicht selbst über die Fortbildung verfügen.
- Sollte der mutmaßliche Täter Sie oder Ihr Kind dennoch wiederholt aufsuchen können Sie beim zuständigen Gericht ein Kontaktverbot nach dem Gewaltschutzgesetz erwirken. Für den Main-Tauber-Kreis ist das Amtsgericht Tauberbischofsheim zuständig.
- Führen Sie ein Tagebuch. Was hat Ihnen Ihr Kind wann erzählt? Was haben Sie wann beobachtet? Wem haben Sie was wann erzählt?
Hilfreiche Links:
-> Informationen zu Opferverhalten
-> Informationen zu Täterstrategien
-> Kontaktstelle gegen sexuelle Gewalt
-> https://www.polizei-beratung.de/themen-und-tipps/sexualdelikte/missbrauch-verhindern/
ein mir bekanntes Kind von Missbrauch betroffen sein könnte
Wie hier vorzugehen ist hängt stark vom Einzelfall ab, insbesondere davon, wie gut man das Kind selbst oder auch die Eltern des Kindes kennt. Die Eltern ansprechen sollte nur, wer sicher ausschließen kann, dass der Missbrauch nicht auch innerhalb der Familie stattfindet. Bevor Sie handeln, sollten Sie folgende Punkte beachten:
- Bewahren Sie Ruhe.
- Unterdrücken Sie den Impuls, Ihren Verdacht mit anderen als eventuell den Eltern des Kindes zu teilen.
- Manche Eltern verstehen die Nachricht, dass ihr Kind von Missbrauch betroffen sein könnte, als Vorwurf, dass sie nicht ausreichend auf ihr Kind aufgepasst haben.
- Unterdrücken Sie den Impuls, den Täter zur Rede zu stellen. Das bringt im Zweifelsfall keine Klarheit. Ein Täter wird Ihnen gegenüber seine Tat niemals zugeben.
- Glauben Sie dem Kind, auch wenn das was es sagt, unglaublich klingt.
- Wenn Sie aufgrund des seltsamen Verhaltens von Erwachsenen oder dem Kind einen Verdacht haben, teilen Sie diesen Verdacht einer Beratungsstelle mit. Hier kann man Ihnen helfen, die Situation einzuordnen
- Schieben Sie die Angelegenheit nicht mit dem Gedanken „es wird schon nicht so schlimm sein“ von sich weg. Wenn es nicht so schlimm wäre, würden Sie sich keine Gedanken darüber machen.
- Wenn Sie konkrete Hinweise auf einen andauernden Missbrauch haben suchen Sie umgehend eine Fachberatungsstelle auf oder erstatten Sie Anzeige bei der Polizei.
- Führen Sie ein Tagebuch. Was hat Ihnen wer wann erzählt. Was haben Sie wann beobachtet. Wem haben Sie was wann erzählt.
Hilfreiche Links:
-> Informationen zu Opferverhalten
-> Informationen zu Täterstrategien
-> Kontaktstelle gegen sexuelle Gewalt
-> https://www.polizei-beratung.de/themen-und-tipps/sexualdelikte/missbrauch-verhindern/
Allgemeine Infos
[Finden Sie in den aufklappbaren Akkordeons…]
Was ist eigentlich Missbrauch?
Viele setzen Missbrauch mit Vergewaltigung gleich. Sexueller Missbrauch von Kindern liegt aber schon viel früher vor, nämlich beispielsweise schon dann, wenn sexuelle Handlungen vor einem Kind oder an einem Kind vorgenommen werden. Was sehr vage formuliert klingt, ist eigentlich ganz einfach einzuordnen. Wenn Sie nicht sicher sind, ob ein sexueller Missbrauch vorliegt, stellen Sie sich folgende Frage:
„Würden Sie auf die gleiche Weise mit einem Kind umgehen?“
Wenn Sie dabei ein unangenehmes Gefühl bekommen, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit Missbrauch vor. Die Frage wie „schlimm“ die Folgen für das betroffene Kind sind stellt sich erst einmal nicht. Welche Folgen der Missbrauch für das Kind hat hängt nämlich maßgeblich davon ab, wie lange der Missbrauch andauert und ob das Kind Hilfe erfährt.
Weiterführende Links:
-> Definitionen
-> Wikipedia/Sexuelle Handlung
-> Was geht und was nicht geht – Das Ampelsystem
Gibt es sichere Hinweise auf Missbrauch?
Leider nein. Die meisten Kinder leiden still. Sie senden verschiedene Signale, wie beispielsweise, dass sie ihre Spielsachen kaputt machen oder nicht mehr zu manchen Menschen gehen wollen. All diese Signale können aber immer auch andere Ursachen haben.
Mehr über Anzeichen und Hinweise erfahren sie unter dem folgenden Link:
->Sexueller Missbrauch – Anzeichen und Hinweise
Kann ein Kind selbst den Missbrauch beenden?
Das ist selbst größeren Kindern und auch Jugendlichen meistens nicht möglich. Täter investieren sehr viel Zeit und Energie darauf, Vertrauen zu ihrem Opfer aufzubauen. Das Kind hat daher grundsätzlich ein gutes Bild vom Täter. Der Übergriff selbst wird vom Täter häufig als gemeinsames Geheimnis bezeichnet. Er redet dem Kind ein, mitschuldig zu sein, da es mitgemacht oder sich nicht gewehrt hat.
Mehr über Opferverhalten erfahren sie unter dem folgenden Link:
-> Sexueller Missbrauch – psychische, emotionale und körperliche Folgen
Gibt es eine typische Täterumgebung?
Viele denken, dass in ihrem persönlichen Umfeld kein Platz für Missbrauchstäter ist. Aber nur weil wir sie nicht kennen, heißt das noch lange nicht, dass sie nicht da sind. In aufgedeckten Fällen stehen immer wieder völlig perplexe Menschen da, die alle sagen, dass sie das nie für möglich gehalten hätten. Die große Anzahl an Opfern einzelner Täter und die große Zahl der Nutzer*innen von Missbrauchsforen sollten uns wachsamer für das Thema machen.
Woran kann ich einen typischen Täter erkennen?
Es gibt keinen typischen Täter. Und man kann sie nur schwer erkennen. Da ein Missbrauchstäter nicht negativ auffallen will, gibt er sich allergrößte Mühe, besonders zuvorkommend zu sein. Er ist eher derjenige, der gerne hilft, unangenehme Aufgaben übernimmt – und natürlich einen guten Draht zu Kindern hat. Ein Missbrauchstäter ist eher ein Betrüger als ein Gewalttäter. Er betrügt nicht nur sein komplettes Umfeld sondern auch seine Opfer auf emotionale Weise. Gewalttätig wird er häufig erst dann, wenn ein Opfer droht, gegen ihn auszusagen. Dann ist er zu allem bereit, um das Kind zum Schweigen zu bringen. Davon bekommt aber außer dem Kind niemand etwas mit.
Mehr über Täterstrategien erfahren Sie unter den folgenden Links:
-> Täterstrategien Teil 1
-> Täterstrategien Teil 2
-> Zartbitter – Blick hinter die Maske
Beratungsstellen
Kontaktstelle gegen sexuelle Gewalt – Tauberbischofsheim
Frau Brunner: j.brunner@caritas-tbb.de (Tel. 09341 9220 1024)
Zur Homepage der Caritas
Weißer Ring – Außenstelle Main-Tauber-Kreis
0151 / 55 16 48 06
Elterntelefon: 0800 – 111 05 50
• Mo – Fr: 09.00 – 11.00 Uhr,
• Di, Do: 17.00 – 19.00 Uhr
Das Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch
0800 22 55 530)
Einen Verdachtsfall melden
[Weitere Infos in den aufklappbaren Akkordeons…]
Verdacht auf sexuellen Missbrauch?
In den seltensten Fällen gibt es für den Missbrauch weitere Zeugen. An dieser Stelle geht es also ausschließlich um die Meldung von Taten, die Ihnen erzählt wurden. Meistens handelt es sich um zurückliegender Taten, wenn der Missbrauch bereits endgültig beendet ist oder um die Meldung verdächtigen Verhaltens. Selten auch um aktuellen Missbrauch.
Wer von Missbrauchshandlungen weiß sollte umgehend handeln. Ziel muss es sein, den geschilderten Übergriff zu beenden. Wer Zeuge von Missbrauch ist sollte seine Beobachtungen immer der Polizei melden. Häufig passiert das nicht, wenn Täter und Zeuge ein enges persönliches Verhältnis haben. Zeugen trauen dann oft ihrer Wahrnehmung nicht oder wollen die andere Seite des Freundes oder Verwandten nicht wahrhaben.
Einen Verdachtsfall in der Schule melden
Alle am Schulleben beteiligten kennen das Schutzkonzept. Lehrer*innen und Schulleitung versichern über die jährliche Unterzeichnung des Verhaltenskodex, dass sie sich im Verdachtsfall an den jeweiligen Handlungsplan halten. Je nach Konstellation ist verschiedenen Handlungsplänen zu folgen, wobei jedes Gespräch und jede Maßnahme dokumentiert wird.
In der Regel wird in Anlehnung an das Vorgehen beim Jugendamt eine anonymisierte Fallbesprechung unter Beteiligung der Schulsozialarbeit und der Vertrauenslehrer erfolgen. Anschließend wird im Einzelfall bewertet, wie weiter vorzugehen ist.
Einen Verdachtsfall bei der Schulsozialarbeit melden
Die Schulsozialarbeit steht allen am Schulleben Beteiligten zur Beratung zur Verfügung. Auch Eltern können sich an die Schulsozialarbeit wenden. Gespräche sind stets vertraulich. Die Schulsozialarbeit steht sogar gesetzlich unter einer Verschwiegenheitspflicht. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass wie bei anderen Beratungsstellen auch das weitere Vorgehen ausschließlich in Absprache mit den Ratsuchenden erfolgt.
An der PAGS steht Ihnen Frau Antje Kaiser als Ansprechpartnerin zur Verfügung. Sie verfügt über die Zusatzqualifizierung „sexuelle Gewalt“.
Einen Verdachtsfall bei der Kontaktstelle gegen sexuelle Gewalt melden
Die Kontaktstelle gegen sexuelle Gewalt bei der Caritas in Tauberbischofsheim ist eine reine Beratungsstelle. Die Beratung ist kostenlos. Die Mitarbeiterinnen unterstützen Ratsuchende in erster Linie dabei, die Situation für sich einzuschätzen ist und damit umzugehen. Dabei stellen sie auf Wunsch auch Kontakt zu anderen Stellen her. Die Mitarbeiterinnen sind gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Es wird auch eine anonyme Beratung angeboten.
Einen Verdachtsfall beim Jugendamt melden
Das Jugendamt ist allein dem Kindswohl verpflichtet. Liegt der Verdacht eines Missbrauchs vor wird in der Regel eine Fallkonferenz einberufen, in der der Fall anonymisiert vorgetragen wird. Mehrere Sachbearbeiter entscheiden dann, ob in diesem Fall das Kindeswohl gefährdet ist und wie weiter zu verfahren ist.
Einen Verdachtsfall der Polizei melden
Viele Menschen denken, dass sie sich bei der Polizei beraten lassen können, ob sie Anzeige erstatten sollen oder nicht. Es ist aber so, dass die Polizei eine Straftat verfolgen muss, sobald diese bekannt wird. Das gilt auch für die polizeilichen Beratungsstellen. Sie sind reine Präventionsstellen, d.h. sie beraten, bevor was passiert ist. Wer sich nicht sicher ist, ob er eine Anzeige erstatten will, sollte vorher unbedingt mit einer Fachberatungsstelle Kontakt aufnehmen.
Bei sexuellem Missbrauch ist die Vernehmung des Kindes von besonders großer Bedeutung, da in der Regel beim eigentlichen Übergriff keine weiteren Zeugen dabei sind. So wichtig diese Vernehmung ist, so belastend kann sie für das Kind sein. Manchmal denken Eltern, dass es ausreichend ist, wenn sie der Polizei erzählen, was ihnen von ihrem Kind erzählt wurde. Das ist nicht der Fall. Das Kind muss in jedem Fall selbst aussagen. Die frühzeitige Einbindung eines psychosozialen Prozessbegleiters kann eine große Hilfe sein.
Es kommt häufig vor, dass Täter versuchen, ihre Opfer und die Familien einzuschüchtern, um sie davon abzuhalten, gegenüber der Polizei die Vorwürfe weiter zu äußern, sobald sie von der Anzeige wissen. Sehr „beliebt“ sind Gegenanzeigen wegen falscher Verdächtigung oder Übler Nachrede. (-> Täterstrategien)
Es ist allerdings nicht so, dass man sich einer falschen Verdächtigung schuldig macht, wenn man jemanden anzeigt und sich der Verdacht hinterher als falsch erweist. Lediglich wenn man bei der Polizei bewusst unwahre Angaben macht, macht man sich strafbar.
Anders sieht es im persönlichen Umfeld aus. Privat sollte man sich mit Äußerungen zurückhalten und die Aufklärung der Polizei überlassen.
Eine Anzeigeerstattung ist mit vielen Schwierigkeiten verbunden und letztlich werden Verfahren sehr häufig eingestellt, weil Aussage gegen Aussage steht und damit die Tat nicht beweisbar ist. Dennoch ist die Anzeigeerstattung immer sinnvoll. Wenn Taten den Behörden nicht bekannt sind, können sie weder bewertet noch verfolgt werden. Die größte Angst der Täter ist die davor, in das Visier der Behörden zu geraten. Deshalb treiben sie auch einen enormen Aufwand, um genau das zu verhindern.
Die Belastung für die betroffenen Kinder und deren Familien ist umso höher, je weiter die Erwartung, die an das Ermittlungsverfahren gestellt wird, von der Realität abweicht. Je besser informiert die Betroffenen in das Verfahren gehen, umso besser können sie auch mit einem weniger befriedigenden Ausgang des eigenen Verfahrens umgehen. Auch hier hilft die psychosoziale Prozessbegleitung.
Um zu vermeiden, dass man bei mehreren Polizeidienststellen Aussagen muss, kann es sinnvoll sein. Die Anzeige über die Online-Wache zu machen oder direkt mit der Kriminalpolizei Kontakt aufzunehmen.
Wichtig zu wissen ist: Wenn einmal eine Anzeige erstattet wurde, kann diese nicht zurückgenommen werden.
Weitere Infos für Interessierte
[Finden Sie in den aufklappbaren Akkordeons…]
Braucht eine Schule unbedingt ein Schutzkonzept?
Seit dem 01.01.2012 sind in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe Schutzkonzepte vorgeschrieben. Schulen fallen nicht darunter und brauchen daher von Gesetz wegen kein Schutzkonzept.
Im Bericht der Bundesregierung zur Evaluation des Bundeskinderschutzgesetzes (12/2015) wird festgestellt, dass „sich die Selbsteinschätzung der Rechts- und Handlungssicherheit bei Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbessert, wenn Kinderschutzkonzepte und Arbeitshilfen mit konkreten Handlungsschritten bei Verdachtsfällen vorliegen“. Es ist also nachgewiesen, dass Schutzkonzepte für den Fall der Fälle helfen.
Die Kultusministerkonferenz forderte bereits spätestes 2013 in ihren Handlungsempfehlungen dazu auf standortspezifische Schutzkonzepte zu integrieren.
Der unabhängige Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Missbrauchs verschickte an alle Schulen in der Bundesrepublik Informationen zur Aktion „Schule gegen sexuelle Gewalt“ und forderte diese in Absprache mit den 16 Kultusministerien zur Erarbeitung von Schutzkonzepten auf. In den einzelnen Bundesländern „startete“ die Umsetzung der Aktion von September 2016 bis Ende 2018.
Dennoch ist das Erstellen von Schutzkonzepten an Schulen ist nach wie vor freiwillig. Bis September 2019 hatte nur jede zehnte Schule ein Schutzkonzept. Neuer Zahlen lagen uns nicht vor. GEW – Nur jede zehnte Schule hat ein umfassendes Schutzkonzept
Warum haben viele Schulen kein Schutzkonzept?
Das Thema sexuelle Gewalt ist insgesamt eher nicht gesellschaftsfähig und wird gerne beiseitegeschoben. Dazu kommt, dass Lehrerinnen und Lehrer genug andere Arbeit haben, sodass das Unangenehme naturgemäß aufgeschoben wird.
Außerdem besteht (nicht nur) unter Lehrern teilweise große Sorge vor einem Generalverdacht. Bei Einführung der Aktion „Schule gegen sexuelle Gewalt“ (2016) wirft News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek dem Missbrauchsbeauftragten sogar vor, Schulen für billige PR zu missbrauchen. -> News4teachers – Lehrer als Täter?
Diese Angst konnten wir bei der Erstellung unseres Schutzkonzeptes auch spüren.
Warum wir uns für ein Schutzkonzept entschieden haben
Sexualisierte Gewalt findet überall in unserer Gesellschaft statt, auch dort, wo wir denken, dass unsere Kinder „gut aufgehoben“ sind. Es kann jeden überall treffen. Gleichzeitig wollen Eltern ihre Kinder im guten Vertrauen an die Schule übergeben und Lehrerinnen und Lehrer auf der Basis dieses Vertrauens eine gute Beziehung zu ihren Schülerinnen und Schülern aufbauen. Ein Schutzkonzept ermöglicht diesen scheinbaren Spagat, denn vor allem das Wissen über Täterstrategien und Opferverhalten hilft, Situationen gut einordnen zu können und sich selbst jederzeit sicher im Umgang mit Kindern zu verhalten.
Vorgeschichte
Grenzüberschreitendes Verhalten auch an unserer Schule zeigte uns auf, dass alle Beteiligten hoffnungslos mit der Thematik überfordert waren. Diese Erfahrungen haben uns veranlasst, uns gemeinsam auf den Weg zu machen und ein Schutzkonzept zu erarbeiten.
Weder Generalverdacht noch falscher Verdächtigung eine Chance geben
Unser Schutzkonzept sichert jedem Einzelfall eine eigene Bewertung zu. Es wird gesprochen statt geschwiegen. Viele „Fälle“ können auf diese Weise im Vorfeld geklärt werden, bevor sie in der Gerüchteküche hochgekocht werden. Einige Fälle werden geprüft werden und sie werden sich im Rahmen des Bewertungsprozesses als nicht relevant herausstellen. In diesen Fällen wird es zeitnah eine Rehabilitation für den „Verdächtigten“ geben, ohne dass die ganze Schulgemeinschaft daran teilhaben muss.
Dem Missbrauch keine Chance geben
Vor allem die Kenntnisse über Opferverhalten und Täterverhalten ermöglichen es Erwachsenen, mögliche Opfer und mögliche Täter in der Schule oder im privaten Umfeld zu wahrzunehmen. Wir werden in Zukunft bei niederschwelligen Grenzüberschreitungen allein durch Aufmerksamkeit intervenieren können, ohne dem möglichen Täter einen Vorwurf machen zu müssen und gleichzeitig damit möglichen Opfern Sicherheit geben. Echte Täter werden sich langfristig von diesem aufmerksamen Umfeld fernhalten, ohne dass jemand das Gefühl bekommt, dass normale Fürsorge für Kinder (zum Beispiel das Trösten eines Kindes, wenn es hingefallen ist) zu einem „Strick“ werden kann.
Der Weg zum Schutzkonzept
Nachdem wir uns für ein Schutzkonzept entschieden haben, bildeten sich Arbeitskreise von Eltern, Schüler/innen und Leher/innen und Schulleitung, die Informationen gesammelt und zu unserem Schutzkonzept entwickelt haben. Der Weg zum eigenen Schutzkonzept war nicht immer einfach, jedoch fanden wir durch einen externen Begleiter (Edmund Sichau von der aim), der zwischen Eltern, Schulleitung, Lehrer*innen und Schüler*innen gelegentlich vermittelte.
Dieser Weg begann mit einer Risiko- und Gefährdungsanalyse mit den Nachfolgenden Ergebnissen. Wir können uns aber weder auf diesen Ergebnissen noch auf dem aktuell ausgearbeiteten Schutzkonzept ausruhen. Wer sich für ein Schutzkonzept entscheidet, entscheidet sich auch für eine fortdauernde Risikoanalyse und regelmäßige Überprüfung, ob das Schutzkonzept noch den aktuellen Anforderungen entspricht.
Risikoanalyse – Umgebung
Generell gibt es zwar gefährdete Orte, wie beispielsweise Nischen oder Toiletten. Es muss jedoch klar sein, dass vor allem Anbahnungshandlungen (Grooming) überall und auch in Gesellschaft stattfinden können.
Hirarchische Strukturen führen dazu, dass die Umgebung die Verantwortung abgibt. Die Informelle Anrede erweckt den Eindruck der Vertrautheit.
Risikoanalyse – Unwissenheit
Unwissenheit der Erwachsenen ist das größte Risiko für Kinder, Opfer von sexualisierter Gewalt zu werden bzw. zu bleiben. Wer keine Ahnung von der Tathandlung und der Folgen für das Opfer hat, kann die Tat nicht erkennen. Wer keine Ahnung davon hat, wie Täter und Opfer sich verhalten, wird Ihnen gegenüber stehen, ohne etwas zu bemerken.
Statistisch betrachtet sitzen in jeder Schulklasse zwei Kinder, die Opfer von sexualisierter Gewalt sind. Durch die Auseinandersetzung mit der Tat und Verhaltensmustern können wir betroffene Kinder eher erkennen und ihnen helfen.
Risikoanalyse – Vergangenheit
Die Erfahrungen von Opfer, aber auch Personen im Umfeld und auch des Täters. Wie wurde mit übergriffigem Verhalten umgegangen? Wurde der Täter gestärkt und Opfer und Umgebung verunsichert?
Grenzüberschreitendes Verhalten an unserer Schule hat uns gezeigt, dass es der Aufarbeitung und eines eigenen Schutzkonzepts bedarf.
Das nun erarbeitete Schutzkonzept soll dazu führen, in Zukunft Handlungssicherheit im Verfahren bei Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung herzustellen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
Weiterführende Links zum Thema
Die Presse und das Internet sind voll von Informationen über Missbrauch. Wir haben eine Auswahl mit guten Informationsquellen erstellt. Dabei war uns auch wichtig, Artikel über die Folgen falscher Verdächtigungen aufzunehmen. Es ist traurige Wahrheit, dass es auch das gibt. Die Angst vor einer falschen Verdächtigung sollte aber niemanden davor abhalten, einen Verdachtsfall zu melden. Die Einordnung des Geschehenen können nur Fachkräfte vornehmen. Die Reihenfolge der Links richtet sich nach dem Erscheinungsdatum der jeweiligen Information.
Bücher
- Es geschieht am hellichten Tag – Die verborgene Welt der Pädophilen und wie wir unsere Kinder vor Missbrauch schützen (Manfred Karremann, Dumont Verlag, ISBN978-3-8321-8040-9)
- Grenzen achten – Schutz vor sexuellem Missbrauch in Institutionen. Ein Handbuch für die Praxis (Ursula Enders, Kiwi Verlag, ISBN9783462043624)
Dokumentationen und Filme
- Missbraucht – sexualisierte Gewalt im deutschen Schwimmsport (20.08.2022) – ARD Mediathek
- Nicht vergessen-nie vergeben – 37Grad vom 15.02.2022 – ZDFMediathek
- Faktenslide Missbrauch – 37Grad vom 03.02.2022 – ZDFMediathek
- Das Mädchen und die Kinderschänder! ZDF 37Grad ausgestrahlt Okt.2003 – Youtube
- Am hellichten Tag – ZDF 37Grad – Youtube
- Mitten unter uns – Kindesmissbrauch am hellichten Tag – 37Grad – Youtube
Internetseiten
- Kultusministerium Baden-Württemberg – Umgang mit sexueller Gewalt
- Unabhängige Beauftrage für Fragen des sexuellen Missbrauchs
- false-memory.de
- zartbitter.de
Podcasts
Vor aller Augen – eine Podcast-Serie der Süddeuschen Zeitung über sexuelle Gewalt an Kindern (Juli 2022)
Informationen für Menschen, die sich zu Kindern sexuell hingezogen fühlen
Wenn sich jemand sexuell zu Kindern hingezogen fühlt, ist es gut, sich Hilfe zu suchen. Es ist möglich zu lernen, mit dieser Präferenz umzugehen, ohne Kindern jemals einen Schaden zuzufügen.
Das Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“ bietet kostenlos und deutschlandweit ein Behandlungsangebot für Menschen, die therapeutische Hilfe suchen, weil sie sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen.
Ziel sollte sein, selbst ein zufriedenes Leben zu führen und insbesondere die sexuellen Impulse gegenüber Kindern effektiv zu kontrollieren.
Nicht gefunden was Sie suchen?
Wir versuchen unsere Seite so zu gestalten, dass sie einen schnellen Überblick in die Thematik gibt. Die Informationen sollen verständlich sein, auch ohne dass man zuvor je mit dem Thema in Berührung war. Wir freuen uns jederzeit über Ihre Rückmeldung, wenn Sie Möglichkeiten sehen, wie wir unsere Seite weiter verbessern können.
Stimmen zum Schutzkonzept
an der Erarbeitung des Schutzkonzepts waren Schüler/innen, Lehrer/innen sowie Elternvertreter/innen beteiligt. Erfahren Sie mehr über deren Motivation / Engagement…
„Das Schutzkonzept finden wir Schüler:innen sehr sinnvoll, da wir uns dadurch im Schulalltag sicherer fühlen und es uns zeigt, dass unsere persönliche Meinung in der Schule Beachtung findet.“
„Kinder und Jugendliche müssen sich an unserer Schule sicher fühlen dürfen. Das Schutzkonzept bildet den Rahmen, wir malen mit unserer Umsicht das Bild.“
„Sexualisierter Missbrauch hat für Betroffene dramatische Folgen. Ich bin dankbar, dass die PAGS auch Informationen speziell für Eltern online gestellt hat. Man findet Anlaufstellen und Leitfäden für den Notfall. Außerdem kann man sich allgemein genauer mit dem Thema auseinandersetzen. Ich halte es für sehr wichtig das zu tun, um im Ernstfall richtig zu reagieren.“